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Beschluss des Ältestenkreises der Stadtkirchengemeinde Emmendingen zur Segnung gleichgeschlechtlicher Paare vom 13. Mai 2003 mit dem Bericht dazu in der Drehscheibe Deutschland vom ZDF

Dieser Beschluss des Ältestenkreises als Reaktion auf den Beschluss der Landessynode der Badischen Landeskirche vom 12.3.2003 hatte gemeinsam mit ähnlichen Reaktionen eine Fülle von kontroversen Diskussionen zu Folge, die mit dem Synodalbeschluss vom 23.4.2016 ihren positiven Abschluss gefunden haben.

Drehscheibe Deutschland vom 28.7.2003

Aus dem Beschluss der Landessynode der Badischen Landeskirche vom 23.4.2016

Ein Brief, den ich am 25.5.2003 an mir bekannte PfarrerInnen in den diversen Dekanaten schickte mit der Bitte, den Segnungsbeschluss unseres Ältestenkreises bei sich zu diskutieren und gegebenenfalls entsprechende Entwicklungen in ihrem Dekanat anzuregen und voranzubringen. [Die Differenzierung zwischen (heterosexueller) Ehe und gleichgeschlechtlicher eingetragener Lebenspartnerschaft war damals der Argumentationsversuch, auf diesem Wege eine öffentliche Segnung letzterer zu ermöglichen. Heute sind wir da Gott sei Dank weiter!]

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Freundinnen und Freunde,

mit diesem Schreiben möchte ich Euch informieren über einen Beschluss zur Frage der Segnung von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften, den der Ältestenkreis unserer Stadtkirchengemeinde Emmendingen am 13. Mai 2003 einstimmig gefällt hat.

Ihr findet ihn als Anhang zu dieser Mail.

Um ihn jedoch besser verstehen und einordnen zu können, hier zunächst einige Vorbemerkungen:

Nachdem seit 1. August 2001 der Gesetzgeber die Eintragung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften erlaubt und damit legitimiert hat, stehen wir als ChristInnen vor der Frage, wie wir als Gemeinde und Kirche verantwortlich und im Sinne der Nachfolge Jesu Christi damit umzugehen haben. Oder ganz konkret: Wie gedenken wir zu reagieren, wenn gleichgeschlechtliche Paare in der Konsequenz ihres Glaubens von uns eine gottesdienstliche Begleitung mit Segnung ihrer vor dem Gesetz verbindlichen Partnerschaft erbitten.

Bereits Monate vor der Frühjahrssynode unserer Badischen Landeskirche war dieses Thema bei uns Gegenstand mancher Gespräche und kam so schließlich auch auf die Tagesordnung unserer Ältestensitzung im Monat Mai, noch bevor die Landessynode ihre abschlägige Entscheidung in diesem Zusammenhang formuliert hatte.

Und dort blieb es dann auch, weil die Landessynode einem Ältestenkreis nicht die Verantwortung für das, was letztlich vor Ort konkret geschieht, aus der Hand nehmen kann, so lange es nicht den Bekenntnisstand der Landeskirche verletzt.

Das intensive Nachdenken in dieser Sitzung, begleitet durch Walter Conzelmann, Mitglied der HuK (ökumenische Arbeitsgruppe Homosexuelle und Kirche e.V.) und Interimskantor an der Stadtkirche, führte zu dem einstimmigen Ergebnis, den Beschluss der evang.-luth. Kirchengemeinde Jade vom 27. Mai 2002 in leicht abgewandelter Form mitsamt seinem Prolog zu übernehmen.

Folgende Begründungen spielten dabei unter anderen eine Rolle:

In der momentanen oft viel zu emotional geführten Diskussion kommt eine ganz einfache, sachliche Differenzierung viel zu kurz oder erst gar nicht vor:

Eine verbindliche gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft ist keine Ehe und die gottesdienstliche Begleitung mit Segnung einer derartigen Lebenspartnerschaft ist keine Trauung.

Kultur- und religionsgeschichtlich ist der Begriff „Ehe“ als Bezeichnung einer verbindlichen heterosexuellen Lebenspartnerschaft vorbehalten. Die Bezeichnung „Homo-ehe“ ist deshalb nicht nur falsch, sondern zutiefst irreführend und meist voller Absicht gewähltes Instrument der Polemik.

Auch Schwulen und Lesben muss übrigens bewusst sein, dass ihre eingetragene Lebenspartnerschaft etwas völlig anderes ist als eine Ehe. Wobei es aufgrund der Tatsache, dass es sich bei beiden um Formen des verbindlichen Zusammenlebens von zwei Menschen handelt, die sich lieb haben und sich gegenseitig ergänzen wollen, bei beiden auch vergleichbare Elemente der Gestaltung und der Ziele gemeinsamen Lebens vorhanden sind.

Auf diese sachliche Differenzierung hat übrigens auch der Gesetzgeber in aller Deutlichkeit hingewiesen.

Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts führte in der Begründung zur Ablehnung der Klage der Landesregierungen von Bayern, Sachsen und Thüringen gegen das Lebenspartnerschaftsgesetz u.a. aus: „Die Einführung des Rechtsinstituts der eingetragenen Lebenspartnerschaft für gleichgeschlechtliche Paare verletzt Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes nicht. Der besondere Schutz der Ehe in Art. 6 Abs 1 GG hindert den Gesetzgeber nicht, für die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft Rechte und Pflichten vorzusehen, die denen der Ehe gleich oder nahe kommen. Dem Institut der Ehe drohen keine Einbußen durch ein Institut, das sich an Personen wendet, die miteinander keine Ehe eingehen können“.

Weiter habe ich einen liturgischen Grundentwurf zur Anregung für eine gottesdienstliche Feier mit Segnung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften angehängt.

Dem bereits dazu gehörten Vorwurf, diese Liturgie wäre aufgrund ihrer Elemente „verwechselbar“ mit einer Trauliturgie, kann ich nur entgegenhalten, dass dies in der Sache begründet liegt. Denn wie schon oben gesagt handelt es sich auch hier um das verbindliche Zusammenleben zweier Menschen, in dem Liebe, Treue, Vertrauen, Gottes Gebot für das Zusammenleben von Menschen, „in guten wie in schweren Tagen“ usw. dieselbe Bedeutung und Gültigkeit haben wie in einer Ehe, auch wenn es keine Ehe ist. Wenn es darum ginge, überall das zu unterlassen, was irgendwelche Ignoranten für „verwechselbar“ halten könnten, dann müssten wir auch sonst viel mehr von dem, was wir gottesdienstlich reden oder tun, besser lassen. Aber da sind wir viel großzügiger. Weshalb dann nicht auch bei Schwulen und Lesben?

Abschließend möchte ich sagen:

Vielleicht wäre es eine bessere Entscheidung der Synode gewesen, die Verantwortung für die entsprechende kirchliche Begleitung gleichgeschlechtlicher Paare gleich den Ältestenkreisen zu übertragen. Ich hatte dies angeregt, weil ich das Dilemma sehe, in dem die Landessynode steht.

Deshalb möchte ich Euch ermutigen, in Euren Ältestenkreisen dieses Thema anzusprechen. Ein Pfarrer oder eine Pfarrerin, so begründete einer unserer Ältesten die Bitte um diesen Tagesordnungspunkt, sollte dies mit seinen Ältesten besprochen haben, bevor das erste gleichgeschlechtliche Paar vor ihm steht. In mehreren Synoden der EKD wurde eine gottesdienstliche Begleitung mit Segnung gleichgeschlechtlicher Paare bereits beschlossen. Vielleicht könnt Ihr Euch auch unserem Beschluss anschließen oder ihn nach Eurem Gutdünken bearbeiten und verändern.

Noch ein Letztes:

Wir sind mit diesem Beschluss nicht pressewirksam an die Öffentlichkeit getreten, nicht weil wir davor Angst hätten, sondern weil es uns um die Sache geht, die wir durch billige Polemik oder unnötig eskalierende Konfrontation nicht gefährden wollen. Ihr könnt diesen Brief und die angehängten Texte gerne weitergeben als Anregung oder Diskussionsgrundlage. Natürlich würden wir uns freuen, wenn Ihr uns kurz mitteilen würdet, was sie bei Euch bewirkt oder an Reaktion hervorgerufen haben. Dies alles ist ja nur ein erster Anfang. Jede Anregung, jede Weiterführung, aber auch jede Kritik hilft.

Als Allerletztes:

Ich bin meinem Ältestenkreis ungeheuer dankbar für seine eindeutige Stellungnahme.

Sie macht mir Mut.

Herzlichst Euer / Ihr

Georg Metzger

Für eine weitere Beschäftigung mit diesem Thema empfehle ich das Heft „Partnerschaften“ von der Arbeitsstelle Gottesdienst der EKD 17. Jahrgang 1-2003 ISSN 1619-4047 mit u.a. einem ausgezeichneten Aufsatz von Frieder Schulz zur Differenzierung von Trauung und Partnersegnung (ich hatte dieses Heft für die Mitglieder des Ältestenkreises angeschafft).

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