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Zusammenleben bereichernd erleben – Römer 12 Vers 4-21

                                                      

Denn wie wir an einem Leib viele Glieder haben, aber nicht alle Glieder dieselbe Aufgabe haben, so sind wir viele ein Leib in Christus, aber untereinander ist einer des andern Glied, und haben verschiedene Gaben nach der Gnade, die uns gegeben ist: (1) Ist jemand prophetische Rede gegeben, so übe er sie dem Glauben gemäß. (2) Ist jemand ein Amt gegeben, so diene er. (3) Ist jemand Lehre gegeben, so lehre er. (4) Ist jemand Ermahnung gegeben, so ermahne er. (5) Gibt jemand, so gebe er mit lauterem Sinn. (6) Steht jemand der Gemeinde vor, so sei er sorgfältig. (7) Übt jemand Barmherzigkeit, so tue er’s gern. (8) Die Liebe sei ohne Falsch. (9) Hasst das Böse, 10 hängt dem Guten an. (11) Die geschwisterliche Liebe untereinander sei herzlich. (12) Einer komme dem andern mit Ehrerbietung zuvor. (13) Seid nicht träge in dem, was ihr tun sollt. (14) Seid brennend im Geist. (15) Dient dem Herrn. (16) Seid fröhlich in Hoffnung, (17) geduldig in Trübsal, (18) beharrlich im Gebet. (19) Nehmt euch der Nöte der Heiligen an. (20) Übt Gastfreundschaft. (21) Segnet, die euch verfolgen; segnet, (22) und flucht nicht. (23) Freut euch mit den Fröhlichen (24) und weint mit den Weinenden. (25) Seid eines Sinnes untereinander. (26) Trachtet nicht nach hohen Dingen, (27) sondern haltet euch herunter zu den geringen. (28) Haltet euch nicht selbst für klug. (29) Vergeltet niemandem Böses mit Bösem. (30) Ist´s möglich, soviel an euch liegt, so habt mit allen Menschen Frieden. (31) Rächt euch nicht selbst, sondern gebt Raum dem Zorn Gottes. (32) Wenn deinen Feind hungert, gib ihm zu essen; (33) dürstet ihm, so gib ihm zu trinken. (35) Lass dich nicht vom Bösen überwinden, (36) sondern überwinde das Böse mit Gutem. Römer 12,4-21

Sage und schreibe 36 Anweisungen in nur 18 Versen – 36 auf einen Schlag! Geradezu erschlagend! Und ich bin davon überzeugt: Selbst wenn der eine oder andere Ratschlag bei Euch beim Durchlesen dieser 18 Bibelverse „angekommen“, hängen geblieben ist, an den größten Teil von ihnen werdet Ihr Euch sicherlich nicht mehr erinnern können.

Und das ist auch nicht schlimm so. Denn hier handelt es sich ja nicht um eine Rede, die der Apostel Paulus uns mit diesen 18 Versen hält, sondern um einen Ausschnitt aus einem Brief, den er an die ihm noch unbekannte Gemeinde in Rom geschrieben hat, um ihr sich und seine Gedanken dazu vorzustellen, wie seiner Meinung nach das Leben in einer christliche Gemeinde oder grundsätzlich ein vom christlichen Glauben geprägtes Zusammenleben in der Gesellschaft funktionieren soll – eine Sammlung grundsätzlicher Anforderungen und Aufforderungen, gleichsam ein Verhaltenskatalog für christliche Gemeinden in Kurzfassung, der der Erläuterung, der vielleicht sogar der Diskussion bedarf. So wäre es sicherlich ohne Schwierigkeiten möglich und eigentlich fast auch nötig, über nahezu jede dieser 36 Einzelforderungen eine eigene Predigt zu halten.

Um ehrlich zu sein: Der eigentliche vorgesehene Predigttext wäre 5 Verse kürzer gewesen und hätte sich dann auch nur auf nur 21 Ratschläge erstreckt. Mir war es jedoch wichtig, all diese Forderungen in ihrem Gesamtzusammenhang hörbar und wahrnehmbar zu machen.

Denn mit ihnen macht der Apostel Paulus konkret, wie er sich Gemeinde Jesu Christi vorstellt. Und das hat auch heute noch dieselbe Gültigkeit wie damals!

Eindrücklich und für alle leicht verstehbar gebraucht er als Bild für die Gemeinde den menschlichen Körper, der aus vielen, ganz unterschiedlichen Einzelteilen besteht, die alle wiederum ganz unterschiedliche Aufgaben in diesem Körper wahrnehmen, ja sogar wahrnehmen müssen, damit er überhaupt funktionieren kann. Jeder einzelne Körperteil hat seine Besonderheit, mit der er dem Ganzen dient und für die das Ganze ihn braucht.

Genauso, sagt Paulus verhält es sich mit der Gemeinde: Sie besteht aus lauter ganz unterschiedlichen Einzelmenschen, die sich gegenseitig gerade auch aufgrund ihrer Unterschiedlichkeit brauchen, um so miteinander und füreinander ein Ganzes zu bilden.

Was aber hält die vielen, unterschiedlichen Körperteile nun zusammen, was macht es möglich, dass sie in all ihrer Unterschiedlichkeit dennoch gmeinsam funktionieren? ?

„So sind wir viele ein Leib in Christus.“

Das all diese Einzelteile zu eine Gemeinde verbindende Element, so Paulus, ist Jesus Christus, ist seine Botschaft und vor allem ist seine gute, von Gott uns durch ihn gegebene Heiliger Geistkraft, die unter uns herrschen, die uns als Unterschiedliche zusammenführen und die uns miteinander verbinden soll. Die unter uns herrschen und uns füreinander und für Gottes Sicht der Welt öffnen soll.

Jeder und jede von uns, wir alle haben unsere von Gott in uns angelegte Besonderheit, in der wir uns voneinander unterscheiden. Wir alle, um es salopp zu sagen, sind kein Produkt von der Stange, sondern Einzelanfertigungen Gottes, deren Unterschiedlichkeit und Besonderheit von den anderen gebraucht wird zur Ergänzung zu dem einen Ganzen, genauso, wie wir die anderen als Ergänzung für uns brauchen. Der „Leib“ der Gemeinde Jesu Christi lebt von der auf Gott hin ausgerichteten Lebensbereitschaft seiner „Gemeindeglieder“.

Wie das gelingen kann?

Die Antwort des Paulus: Tut das, wozu euch Gott befähigt hat. Aber tut es als Dienst füreinander und nicht, um euch übereinander oder über andere zu erheben. Tut es vielmehr „in Liebe“!

An anderer Stelle wird Paulus einmal schreiben: „Alle eure Dinge lasset in der Liebe geschehen!“

Und damit bringt er die Botschaft Jesu Christi, zumindest was das Leben in der Nachfolge anbelangt, auf einen kurzen und knappen Nenner.

„Gestaltet euer Leben und Zusammenleben so, dass es vor dem Maßstab der Liebe Bestand hat – bis hin zur Feindesliebe!“

Ein sehr einfach anzuwendender Maßstab, den wir an alles, was wir denken, reden und tun, anlegen können. Und der sehr schnell zeigt, was zu tun und was zu lassen ist.

Und dann eben auch die Hinweise des Paulus:

„Lasst Euch nicht von Lieblosigkeit, die Euch entgegengebracht wird, anstecken oder korrumpieren! Überwindet Böses vielmehr mit Gutem!

Und vergesst nie: Jeder andere Mensch ist in gleicher Weise Gottes geliebtes Geschöpf wie Ihr. Deshalb verdient er den gleichen Respekt, die gleiche Liebe wie Ihr selbst.“

Wer mit dieser Einstellung auf seinen Mitmenschen zugeht, wird dann auch bereit sein, den anderen als mir ähnlich, als mir gleichwertig, als mir von Gott anvertrautes Gegenüber, dessen Gefühle ich so ernst nehmen will wie meine eigenen, anzuerkennen; wird bereit sein, sich so gut wie möglich in sein Gegenüber und seine Gefühle hineinzuversetzen, um an seinem Gesicht, an seinen Gesten und Worten abzulesen, wie es ihm wohl geht, was er gerade empfindet und was von mir an Mitgefühl braucht.

„Freut euch mit den Fröhlichen und weint mit den Weinenden“- die sich für andere öffnende Liebe erschließt uns die Fülle des Lebens mit all seinem Glück und all seinem Leid. Manchmal wird uns diese Fülle fast zu viel, wenn das Leid überhand nimmt und alles zu erdrücken und zu lähmen droht. Paulus hat das gewusst und wohl auch wiederholt selbst erlebt. Aus tiefer Erfahrung rät er deshalb der Gemeinde in Rom: „Seid fröhlich in Hoffnung, geduldig in Trübsal, beharrlich im Gebet.“ Ja, es gibt vieles, was uns von dieser Bereitschaft, einander in Liebe wahr- und ernst zu nehmen, abzulenken und sogar abzubringen vermag. Gerade deshalb ist der Apostel mit seinen Ratschlägen für uns so wichtig. Aber mit ihnen erinnert er uns eben auch an das, was uns dabei helfen kann, zu bestehen: Die Beharrlichkeit im Gebet und die Bereitschaft, die Gefahr der sich immer wieder einstellenden Trägheit oder Enttäuschung durch hoffnungsvolles, vom Vertrauen auf die Liebe Gottes geprägtem Engagement füreinander bei uns zu bannen.

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