Er führte sie aber hinaus bis nach Bethanien und hob die Hände auf und segnete sie. Und es geschah, als er sie segnete, schied er von ihnen und fuhr auf gen Himmel. Sie aber beteten ihn an und kehrten zurück nach Jerusalem mit großer Freude und waren allezeit im Tempel und priesen Gott.
Himmelfahrt ist Vatertag!
Und der wurde offensichtlich schon im Mittelalter gefeiert. Nur unter einem etwas anderen Vorzeichen!
Vatertag, weil an diesem Tag Jesus zu seinem „göttlichen“ Vater in den Himmel aufgestiegen ist.
Und so war es üblich, an diesem Tag Prozessionen in die Natur zu veranstalten und auf den Feldern für eine gute Ernte zu beten.
Aber mit der Zeit entwickelte sich der Vatertag immer mehr zu einem Feiertag für die „irdischen“ Väter. Während er in den Ländern Europas zu ganz unterschiedlichen Terminen gefeiert wurde, u.a. interessanterweise in einigen am 19. März, dem sogenannten Josephstag, und das in Erinnerung an den „irdischen“ Vater Jesu, Joseph, war er in Deutschland traditionell mit dem Gedenktag für Christi Himmelfahrt verbunden. Und dass es am Vatertag in Mode kam, dass Männergruppen mit einem Bollerwagen voll Bier losziehen, geht zurück auf die sehr erfolgreiche PR-Kampagne einer Berliner Brauerei Ende des 19. Jahrhunderts, die schlicht und einfach damit ihren Bierverkauf vervielfachen wollte.
Himmelfahrt ist Vatertag!
Dazu also exemplarisch diese zwei Bilder:
Eine Männergruppe, einen mit Bier gefüllten Bollerwagen hinter sich herziehend.
Und: Die Jünger Jesu, erstaunt nach oben blickend auf eine Wolke, aus der noch zwei nackte Füße herausschauen.
Letzteres bezugnehmend auf das Evangelium zum heutigen Tage vom Ende des Lukasevangeliums, wo es von Jesus hieß:
Er führte sie aber hinaus bis nach Bethanien und hob die Hände auf und segnete sie. Und es geschah, als er sie segnete, schied er von ihnen. Sie aber kehrten zurück nach Jerusalem mit großer Freude und waren allezeit im Tempel und priesen Gott.
Überraschenderweise taucht in diesem wohl ältesten Schluss des Lukasevangeliums das mit dem Himmel gar nicht auf. Es heißt dort vielmehr nur:
Und es geschah, als er sie segnete, schied er von ihnen.
Da jedoch der mit „Lukas“ benannte Evangelist zu Beginn des 2. Teils seiner Berichterstattung, der Apostelgeschichte, ausführlicher die Himmelfahrt als solche beschreibt, wurde der Zusatz „und fuhr auf gen Himmel“ vermutlich späteren Abschriften hinzugefügt.
Diese Feststellung braucht uns jedoch nicht zu beunruhigen. Im Gegenteil: Sie hilft uns, die beiden Fragen besser zu verstehen, die der Evangelist Lukas mit seiner Himmelsfahrtserzählung für uns beantwortet:
- Weshalb begegnet Jesus niemandem mehr?
- Wo ist Jesus jetzt?
- Weshalb begegnet Jesus niemandem mehr?
Die Antwort des Lukas ist einfach und banal:
Weil er nicht mehr da ist!
Die Jünger haben ihn erlebt, er war bei ihnen und dann „schied er von ihnen“.
War er weg! So von jetzt auf nachher!
So, wie ein verstorbener Mensch weg ist, von jetzt auf nachher.
So ist der Auferstandene weg, von jetzt auf nachher!
Wobei uns die Reaktion der Jünger darauf, zumindest so, wie Lukas sie uns berichtet, schon etwas überraschen mag: Kein erschrecken, kein Abschiedsschmerz.
Sie aber kehrten zurück nach Jerusalem mit großer Freude und waren allezeit im Tempel und priesen Gott.
Aber Lukas berichtet ja auch: Segnend schied Jesus von ihnen. Ein segensreicher Abschied also – eröffnet der nicht gerade auch die Freude auf das, was noch kommen wird?!
- Wo ist Jesus jetzt?
Auch die Antwort des Lukas auf diese 2. Frage ist einfach und banal:
Er ist im Himmel!
Als wir einmal in der 3. Klasse über den Himmel sprachen, fragte ganz unvermittelt einer:
„Aber wo sitzen die denn bei blauem Himmel?“
Zuerst verstand ich nicht, worauf er hinaus wollte. Er muss wohl seinen Gedanken nachgehangen sein. Auf meine Rückfrage erklärte er dann: „Wenn der Himmel blau ist, dann hat es ja keine Wolken zum Draufsitzen!“
Eine kindliche Himmelsvorstellung gewiss – aber wirklich nur eine kindliche?
Der Himmel ist oben, und da oben ist auch Gott. Das kann man auch heute noch immer wieder hören, auch von Erwachsenen.
Und das war ja auch die Vorstellung der Bibel. So erzählt sie:
Wer Gott näher sein wollte, ging „nach oben“, auf einen Berg wie z.B. Abraham oder Moses oder Elia.
Dieselbe Vorstellung finden wir übrigens auch in vielen anderen Religionen.
Gott ist im Himmel! Deshalb: Oben fühlte man sich Gott näher.
Und nichtwahr: Wie leicht spricht man bei uns auch heute noch „von dem da oben“!
Wobei sich auch die astronomischen Himmelsvorstellungen im Laufe der Jahrhunderte stark verändert haben und damit ja auch die Vorstellung von dem Ort, wo „Gott wohnt“.
Aber das „Oben“ prägt auch heute noch vielfach unsere Vorstellung von Himmel!
In den Zeiten des kalten Krieges kursierte ein Ausspruch des ersten Menschen im Weltraum, des Russen Juri Gagarin, dass er „oben im Himmel gewesen sei, aber Gott dort nirgends gesehen habe.“ Ein Ausspruch übrigens, den er nachweislich nie gemacht hat!
Oder eben das Bild von der Wolke, aus der die beiden Füße des zum Himmel entschwebenden Jesus hervorschauen, wie vornehmlich die Maler des Mittelalters die „Himmelfahrt Jesu“ dargestellt haben.
Der Schweizer Pseudowissenschaftler und Bestsellerautor Erich von Däniken nahm auch den Gedanken von der Himmelfahrt Jesu auf und erklärte sie in einem seiner Bücher damit, dass Jesus von „Außerirdischen“ mit einem Raumschiff abgeholt worden sei.
Aber wo ist er denn nun, der Himmel?
Die englische Sprache hilft uns da weiter. Sie hat zwei Worte für Himmel:
Mit „sky“ bezeichnet sie den Himmel, den wir sehen, und mit „heaven“ den Himmel Gottes.
Himmel ist also nicht gleich Himmel!
Oder konkret: Gott ist nicht dort, wo auch immer wir uns den Himmel vorstellen bzw. was auch immer wir als Himmel bezeichnen. Der Himmel Gottes ist vielmehr dort, wo Gott ist. Wo Gott ist, dort ist der Himmel, zumindest der, von dem wir in Bezug auf Gott sprechen. Und diese Feststellung hat für uns beeindruckende Konsequenzen: Weil Gott überall sein kann, kann folglich auch der Himmel überall sein. Und: Je näher uns Gott ist, desto näher ist uns auch sein Himmel.
Wo wir uns Gott nahe fühlen, da ist uns auch der Himmel nahe. Und wenn wir da weiterdenken, ist es zum Nächsten nur noch ein kleiner Schritt: Dürfen wir uns dann nicht doch auch in besonderer Weise denen nahe fühlen, die wir trauernd in Gottes Himmel verabschiedet haben?
Was für ein tröstlicher Gedanke: Uns durch Gott und seinen Himmel unseren Verstorbenen nahe fühlen zu dürfen!
Die Himmelfahrtsbotschaft des Evangelisten Lukas ist, habe ich anfangs gesagt, die Antwort auf die beiden Fragen:
- Weshalb begegnet Jesus niemandem mehr?
Antwort 1: Weil er nicht mehr da ist.
- Wo ist Jesus jetzt?
Antwort 2: Er ist jetzt bei Gott – im Himmel.
Zwei banale Antworten, wie gesagt. Aber alles andere als banal, vor allem die letztere.
Weil sie uns einen ganz neuen Horizont eröffnet.
Denn wenn Jesus bei Gott ist, können wir uns ihm, obwohl er „nicht mehr da ist“, in ganz neuer, anderer Weise nahe fühlen und ihm glaubend nahe sein – und das sogar „alle Tage, bis an der Welt Ende.“
eindrücklich und verständlich ist der Text dargestellt! mich haben diese Gedanken sehr gefesselt und angesprochen! so verstehe auch ich den Himmel besser und erfahrbarer. vielen Dank für die Predigt zum Vatertag!