Ich seh´ das Grün der Bäume,
der Rosen Rot.
Ich seh´ sie blühn
– für dich und für mich.
Und dann denk´ ich so bei mir:
Was für eine wundervolle Welt!
Ich seh´ das Blau des Himmels,
der Wolken Weiß,
den durch´s Licht gesegneten Tag,
die durch Dunkelheit geheiligte Nacht.
Und dann denk´ ich so bei mir:
Was für eine wundervolle Welt!
Die Farben des Regenbogens,
so wunderschön am Himmel,
spiegeln sich wieder
in den Gesichtern der Menschen,
die an mir vorüber gehen.
Ich seh´ Freunde,
wie sie einander die Hand schütteln
mit den Worten:
„Wie geht’s dir?“
Was in Wirklichkeit bedeutet:
„Ich hab´ dich lieb!“
Ich hör´ Babys schrein,
schau zu, wie sie größer werden.
Sie werden mehr lernen,
als ich je gewusst haben werde.
Und dann denk´ ich so bei mir:
Was für eine wundervolle Welt!
Ja, dann denk´ ich so bei mir:
Was für eine wundervolle Welt!
Bearbeitung der Textübersetzung: Georg Metzger
Was für eine wundervolle Welt!
Dabei war schien sie alles andere als wundervoll zu sein, die Welt, in der Louis Armstrong damals zu leben hatte: In ärmlichsten Verhältnissen geboren wuchs er nur zeitweilig bei seiner Mutter auf. Als Siebenjähriger musste er Zeitungen verkaufen. Anfang 1913 wurde er wegen Unruhestiftung in das Colored Waif’s Home for Boys, eine Anstalt für obdachlose schwarze Jugendliche, eingewiesen, nachdem er in der Silvesternacht mit dem Revolver seines Onkels in die Luft geschossen hatte. Immerhin erlernte er in dieser streng organisierten Anstalt die Grundlagen des Kornettspiels, mit dem er sich in der Folgezeit zunächst mehr schlecht als recht durchschlug, bis er dann als Jazztrompeter und Sänger immer größere Berühmtheit erlangte, und das, obwohl er dunkelhäutig war und deshalb auch immer wieder Anfeindungen zu verkraften hatte. Im Jahre 1967, als er diesen Song zum 1. Mal öffentlich sang, kämpfte in den USA die Bürgerrechtsbewegung um den Pfarrer Martin Luther King mit großen Märschen und Aktionen für die Gleichberechtigung für Menschen mit dunkler Hautfarbe, ein oft deprimierend verlaufender Kampf, dem nur wenige Monate danach King zum Opfer fallen sollte. Zugleich zerstörten die Folgen des Vietnamkrieges, den die USA seit einigen Jahren mit zunehmend grausamerem Einsatz führten, Leben und Gesundheit von immer mehr jungen Amerikanern und vor allem der Bevölkerung von Vietnam, was in den USA und weltweit zu riesigen Protestdemonstrationen führte.
What a wonderful world!
Nicht gerade sehr realistisch, oder? Was mag „Satchmo“, wie er liebevoll von seinen Fans genannt wurde, dazu veranlasst haben, diesen Song gerade zu einem so wenig wundervollen Zeitpunkt zu singen? War er nur ein Träumer auf der Flucht in eine heile Traumwelt? Oder war er eher ein hoffnungsvoller Träumer wie der, dessen Worte „I have a dream“ noch heute Menschen vor der Resignation bewahren?
What a wonderful world!
Je öfter ich die Verse dieses Songs gelesen und ihre Gedanken ins Deutsche zu übertragen versucht habe, desto faszinierter war ich von ihnen und desto überzeugter wurde ich davon, dass die ihnen innen wohnende Botschaft gerade auch für uns heute immens wichtig ist in einer Welt, die wir aufgrund ihrer aktuellen massiven wirtschaftlichen Probleme, der Bedrohung durch Terror, Hunger und Umweltkatastrophen und durch Gefahren und Krisen bis hinein in den persönlichen Bereich oft eben nicht gerade als „wundervoll“ wahrnehmen. Aber genau das ist ja unser Problem und zugleich eine große Gefahr für uns.
Denn dass das Schwere, Belastende, Dunkle, Bedrohliche unausweichlich zu unserem Leben dazugehört, also fester Bestandteil unseres Lebens ist, das haben wir, denke ich, alle im Laufe unseres Lebens schon lernen müssen. Nur: Das war immer schon so und wird auch immer so bleiben.
Richtig schlimm wird das für uns aber dann, wenn wir eben nur noch Augen haben für das Dunkle und Schwere und nicht mehr dafür, dass diese Welt auch voll ist von Wundern, Schönem, Hellem. Es geht für uns darum, auch dieses andere wahr nehmen zu können, was eben auch da ist: Das Wundervolle dieser Welt. Es geht für uns darum, einen neuen, positiven Zugang, eine neue, positive Sichtweise für diese Welt und für das, was uns in ihr begegnet, zu gewinnen. Und genau dazu will und kann uns die Botschaft dieses Songs anleiten und ermutigen.
Ich seh´ das Grün der Bäume, der Rosen Rot.
Ich seh´ sie blühn – für dich und für mich.
Das Schöne wieder sehen und beachten zu lernen und sich darüber zu freuen bei dem Gedanken: Dieses Schöne ist nicht nur einfach so da, sondern es ist auch für mich da, um mir eine Freude zu machen, um mich mit Freude zu erfüllen
Ich seh´ das Blau des Himmels, der Wolken Weiß, den durch´s Licht gesegneten Tag, die durch Dunkelheit geheiligte Nacht.
Das in meinem Leben selbstverständlich Gewordene, weil immer Präsente wie Himmel, Wolken, Tag, Nacht wieder in seiner positiven Bedeutung für mich wahrnehmen zu lernen, also als etwas, was mir Möglichkeiten schenkt oder eröffnet.
Die Farben des Regenbogens, so wunderschön am Himmel,
spiegeln sich wieder in den Gesichtern der Menschen,
die an mir vorüber gehen.
Die Buntheit und das heißt eben auch die Unterschiedlichkeit, auch die Unterschiedlichkeit der Menschen, die mir begegnen, als meinen Reichtum, als Bereicherung für mich zu erkennen und deshalb gespannt und aufmerksam diese Menschen wahrzunehmen, um bei ihnen entdecken zu können, inwiefern eine Begegnung mit ihnen für mich tatsächlich eine Bereicherung für mich sein kann, und wenn es auch nur ein Augenblick ist.
Ich seh´ Freunde, wie sie einander die Hand schütteln
mit den Worten: „Wie geht’s dir?“
Was in Wirklichkeit bedeutet: „Ich hab´ dich lieb!“
Nicht mehr das „Wie geht´s dir?“ als beiläufige Floskel, die andere uns gegenüber einfach nur so fallen lassen, zu interpretieren, sondern darin ein kleines, einfaches Signal von Zuneigung, Wärme zu entdecken, als liebevolle sprachliche Geste, die mir gut tun soll und so dann auch gut tut.
Ich hör´ Babys schrein, schau zu, wie sie größer werden.
Sie werden mehr lernen, als ich je gewusst haben werde.
Einen liebevollen Blick zu haben gerade für unsere Kinder. Sie brauchen für all das, was vor ihnen liegt, nichts nötiger als eben diesen liebevollen und damit zugleich ermutigenden Blick von uns Erwachsenen, der dann auch unser gesamtes Verhalten Kindern gegenüber immer neu in positiver und aufbauender Weise entscheidend beeinflussen wird.
Wem es gelingt, dieser positiven, liebevollen Sichtweise in sich Raum zu geben und mit ihr die Welt zu betrachten, wird überrascht sein, wie wundervoll, wie voller Wunder, wie wunderschön diese Welt doch ist trotz all dem Schweren, Belastenden, Bedrohlichen.
Woher wir diesen liebevollen Blick haben? Von Gott, denn es ist der Blick, mit dem er uns von Geburt an anblickt, mit dem zu blicken er uns ermutigt und ansteckt – Tag für Tag.