Zum Inhalt springen

Im Lichte Gottes – eine Konfirmationspredigt

Meine lieben Konfis!

Ich kann mich noch gut an Eure überraschten Gesichter erinnern, als ich das Glaubensbekenntnis mit einem Brühwürfel verglichen habe. Und wenn Sie, liebe Mitfeiernden, wissen wollen, was es mit diesem Vergleich auf sich hat, dann fragen Sie doch einfach später beim Feiern Ihre Konfis.

( – Ich beabsichtigte mit dieser Einleitung, die Festgäste neugierig zu machen, damit sie mit ihrem/r Konfirmanden/in an diesem Tag auch einmal über etwas zu sprechen, was inhaltlich mit der Konfirmation bzw. dem Unterricht zu tun hat. Falls Sie, liebe Lesende, sich über dieses Bild „Glaubensbekenntnis als Brühwürfel“ wundern: Ein Brühwürfel ist ein Konzentrat, das, ohne ihm das Wasser, das ihm ursprünglich entzogen wurde, wieder zuzufügen, ungenießbar ist. Dasselbe gilt für das Glaubensbekenntnis, ein Konzentrat aus Gedanken der Bibel und ihrer Tradition, das ohne die Geschichten und Texte, aus denen es „konzentriert“ wurde, ebenfalls kaum zu „genießen“, also zu verstehen ist!)

Damals war es wie gesagt der Brühwürfel. Heute möchte ich Euch ein anderes Bild mitgeben, das Euch stets daran erinnern soll, wie Gott Euch ansieht und wie Ihr Euch selbst und eben auch Eure Mitmenschen mit Gottes Augen ansehen könnt.

Im Zusammenhang mit Eurem Konfirmandendankopfer habe ich Euch gestern gesagt, dass es für viele Jugendlichen auf der Welt aufgrund ihrer Lebensumstände alles andere als einfach und selbstverständlich ist, sich wie Ihr ohne Probleme oder irgendwelche unangenehme Folgen für sie konfirmieren zu lassen.

Es sind noch keine 25 Jahre her, dass mit der Wiedervereinigung Deutschlands zugleich die Herrschaft der DDR endete, eine Herrschaft, die unter anderem mitten in Europa die Ausübung des christlichen Glaubens behindert und nach Möglichkeit verhindert hat. Wer sich damals konfirmieren ließ, war sich dessen bewusst: Ich werde wegen meiner Konfirmation nie studieren können und auch sonst im Berufsleben werde ich es immer wieder zu spüren bekommen, dass der Staat, in dem ich lebe, ganz gezielt Christen das Leben schwer macht. Eine der Folgen dieser Politik: Die meisten Kirchen in der DDR verfielen, weil kein Geld zu ihrer Erhaltung vorhanden war. Ich habe damals immer wieder solche Kirchen besucht und auch fotografiert.

Als ich einmal nach einer DDR-Reise meine ein wenig durcheinander geratenen Dias kontrollierte, fiel mir das Bild vom Innenraum einer wunderschönen Kirche auf, aufgenommen offensichtlich von der Empore mit Blick auf die Kanzel, den Altar und den Taufstein. Ich versuchte, mich daran zu erinnern, um welche „schöne“ Kirche es sich da wohl handeln könnte, aber mir fielen nur heruntergekommene Kirchen ein, die ich besucht hatte. Und dann entdeckte ich unter den Dias die Nahaufnahme von einer eingerissenen schwarzen Altardecke. Sie war identisch mit der Altardecke auf dem anderen Dia. Und dann erinnerte ich mich auf einmal:

Es war eine wirklich furchtbar heruntergekommene Kirche: Offensichtlich seit Jahren nicht mehr benutzt – düstere Beleuchtung, verschmutzt, total verstaubt, die Fenster zum Teil eingeworfen. Und als ich dann aus Neugierde die Wendeltreppe zu Kanzel hochging, fand ich mitten auf der Treppe ein zerbrochenes Ei, das ein hier zeitweise wohnendes Huhn wohl auf der Kanzel gelegt hatte und das dann irgendwie heruntergerollt und dabei kaputt gegangen war. Wie konnte ausgerechnet hier ein derart schönes Kirchenfoto entstehen?! Weshalb hatte ich die Schönheit dieser Kirche erst auf dem Dia wahrgenommen?

Die Antwort war sehr einfach und nüchtern:

Weil ich mit einem sehr starken Blitz fotografiert hatte, der nur für den Bruchteil einer Sekunde mit seinem hellen Licht die Schönheit dieser Kirche hat sichtbar werden lassen, weil irgendwie das Blitzlicht die Dreck- und Staubschicht, die auf allem lag, durchdrungen hatte. Und da verstand ich auf einmal den Satz „Der Mensch sieht, was vor Augen ist, Gott aber sieht das Herz an“ noch einmal ganz anders:

Wenn Gott Dich anschaut, dann bleibt sein Blick nicht an dem Staubigen, Nicht-Gelungenen, fehlerhaft Gewordenen, unvollkommen Gebliebenen hängen. In seinem Licht wird wie in dieser Kirche vielmehr die Schönheit sichtbar, die er in Dein Leben hineingelegt hat, das, was Dich wertvoll macht, das, vorauf Du dein Selbstwertgefühl, Dein Selbstbewusstsein aufbauen kannst.

Ich könnte es auch so ausdrücken:

Es geht nicht darum, dass Du alles kannst, sondern dass Du Dich über alles, was Du kannst, freust und dafür dankbar bist. Dazu ermutigt Dich und mich Gott.

Um diesen liebevollen, Leben erhellenden und aufbauenden Blick Gottes ging es immer wieder in unserem Konfirmandenunterricht. Und da haben wir dann auch miteinander festgestellt: Einer, der uns so anblickt, der macht uns Mut, das Leben zu wagen, auch auf die Gefahr hin, Fehler zu machen; macht uns stark, gibt uns Selbstvertrauen. Und das Schöne dabei ist: Gott lädt uns ein, uns selbst liebevoll anzublicken, also uns nicht vorwurfsvoll, sondern liebevoll selbst anzunehmen mit unseren Stärken und Schwächen, und unsere Mitmenschen dann eben genauso. Denn erst, wenn wir dazu bereit sind, sie genauso wie Gott liebevoll anzublicken, werden wir hinter so manchem Unvollkommenen und Fehlerhaften auch all die Schönheiten bei ihnen entdecken können, die Gott in ihr Leben hineingelegt hat.

Die Kirche – eine Mut-Mach-Gemeinschaft!

In diesem Moment feiern in Hamburg an die 100.000 Menschen auf dem Kirchentag miteinander Gottesdienst und Abendmahl wie wir, verbunden durch denselben Gott. Mit Eurer Konfirmation bekennt Ihr Euch dazu, gemeinsam mit uns, Eurer Gemeinde, Teil dieser von diesem Denken des liebevollen Mutmachens geprägten Gemeinschaft sein zu wollen.

Noch einmal zurück zu dem Bild von jener Kirche in der DDR:

Sie hatte zugegebenermaßen ihre Defekte, aber sie hatte zugleich auch ihre Schönheit, eine Schönheit, die ihr niemand hatte nehmen können. Das gilt in gleicher Weise für Dich und mich. Wir mögen unsere Fehler und Schwächen haben. Aber eben auch im übertragenen Sinne unsere „Schönheit“, Besonderheit, die wir Gott verdanken und die uns niemand nehmen kann.

Noch ein Letztes zu jener Kirche in der ehemaligen DDR: Mittlerweile, so wurde mir vor einiger Zeit mitgeteilt, ist sie renoviert worden und erstrahlt nun wieder in neuem, altem Glanz und braucht dazu kein erhellendes Blitzlicht mehr.

Die Dorfkirchen von Großbeuthen wurde ab 1985 saniert, die Kirchweihe erfolgte im Jahre 1989.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert